«Der Mensch muss als Ganzes betrachtet werden»

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Die Allianz Gesunder Kanton Bern hatte am 10. März 2025 zum Anlass «Die Bedeutung der psychosozialen Beratung im Gesundheitswesen» geladen. Rund 70 Vertreterinnen und Vertreter aus dem Gesundheitswesen und dem Grossen Rat verfolgten die drei Referate mit anschliessender Podiumsdiskussion im Kongresszentrum Kreuz in Bern. Mit Regierungsrat Pierre Alain Schnegg diskutierten Prof. Dr. med. Konrad Streitberger, Leiter Schmerzzentrum Inselspital; Dr. med. Andrea Schindler, Fachärztin für Allgemeinde Innere Medizin FMH; Dr. René Rüegg, Berner Fachhochschule für Soziale Arbeit, sowie Christine Morger, Sozialarbeiterin Rheumaliga Bern und Oberwallis.

«Die Gesundheitsversorgung kommt noch mehr unter Druck/der Bedarf steigt!» lautete die These, mit der Anita Herren-Brauen, Allianz-Präsidentin und Grossrätin, die Teilnehmenden zu Beginn konfrontierte. Konrad Streitberger bestätigte dies: «Es wird immer nach einer organischen Ursache gesucht. Diesen Teufelskreis gilt es zu unterbinden, der Mensch muss als Ganzes betrachtet und die Sozialberatung einbezogen werden.» Christine Morger unterstrich, dass es Brückenbauer zwischen stationärer und ambulanter Beratung braucht und nannte als Beispiel das Projekt der Regionalen Anlaufstellen (Reas). Moderator Julien Neruda, Geschäftsleiter Pro Senectute Kanton Bern, führte eine weitere These ins Feld: «Insbesondere vulnerable Menschen sind auf eine psychosoziale Begleitung angewiesen». Dies konnte Andrea Schindler aus Erfahrung bestätigen: «Viele schambehaftete Themen werden in der Sprechstunde nicht offen angesprochen.»

Auf die Frage, was es braucht, damit die psychosoziale Beratung stärker eingebunden werden kann, gab Pierre Alain Schnegg zu bedenken, dass es für die interprofessionelle Zusammenarbeit Leute braucht, die gleiche Werte vertreten und dass es zeitaufwändig sei, bis sich diese Personen gefunden hätten. Darauf konterte René Rüegg, dass es sowohl unter den Sozialarbeitenden im Gesundheitswesen wie auch bei der Ärzteschaft genügend interessierte Personen gäbe, um eine solche Zusammenarbeit zu etablieren. Nicht die fehlenden verfügbaren Personen seien das Problem, sondern die fehlenden Finanzen.

Die Podiumsteilnehmenden waren sich einig, dass eine Versorgung in der Primär-Prävention im Sinne einer biopsychosozialen interprofessionellen Unterstützung nicht nur Patient/innen sondern auch das Gesundheitssystem entlasten könnte. Denn wie Konrad Streitberger eingangs erwähnte: «Oft spielen Probleme im sozialen Umfeld bei einer Schmerzsymptomatik eine zentrale Rolle, manchmal sind sie sogar der Auslöser. Es ist deshalb essenziell, diese Komponente bereits früh miteinzubeziehen.»

Regierungsrat Pierre Alain Schnegg hielt abschliessend fest: «Es existieren Projekte, die teilweise sogar bereits umgesetzt sind. Nun ist es wichtig, diese breiter bekannt zu machen». Alle Beteiligten haben an diesem Abend einen wertvollen Beitrag dazu geleistet. (rl)