Es gibt klinische Tests, die Probanden im Gehen mit einer alltäglichen Dual-Task-Situation konfrontieren. Man stellt ihnen eine Frage und erfasst, ob sie die Frage im Gehen beantworten oder ob sie zum Antworten innehalten. Eine wegweisende Studie* aus dem Jahr 1997 hat ein verblüffendes Resultat ergeben: Die Mehrzahl derer, die zur Beantwortung der Frage stehen geblieben waren, erlitt binnen sechs Monaten einen Sturz.
Kognition und Motorik
Unter Dual-Tasking versteht man das simultane Ausführen einer aktiven Bewegung (Motorik) und einer geistigen Aufgabe (Kognition) wie z.B. gleichzeitiges Gehen und Sprechen. Oder gleichzeitig die Treppe hinaufzusteigen (motorisch) und am Schlüsselbund den Hausschlüssel zu identifizieren (kognitiv).
Bei vielen Senioren verschärfen sich alltägliche Dual-Task-Situationen, weil die kognitiven Reserven im Alter abnehmen. Das Läuten des Telefons, das Miauen der Katze oder das Überkochen der Milch kann alle verfügbaren Aufmerksamkeitsressourcen auf sich lenken, die dann für andere gleichzeitige Aktivitäten, Reize und Signale fehlen.
Das Sturzrisiko ist noch grösser, wenn sich weitere Risikofaktoren hinzugesellen, z.B. die altersbedingte Verzögerung des Balance-Reflexes oder Gangunregelmässigkeiten infolge rheumatischer Gelenkschmerzen. So ist die Wahrscheinlichkeit, in einer Dual-Task-Situation einen Sturz zu erleiden, im Falle einer Gangstörung erwiesenermassen** fünfmal grösser.
Stärkung der Dual-Task-Fähigkeiten
Doch niemand muss die Dual-Tasking-Schwäche schicksalsergeben hinnehmen.Die Ausführung motorischer und motorisch-kognitiver Doppelaufgaben lässt sich üben und durch Übung signifikant verbessern.
Quellen
* Lundin-Olsson L., Nyberg L., Gustafson Y.: «Stops walking when talking» as a predictor of falls in elderly people. Lancet 1997; 349: 617
** Beauchet O., Annweiler C., Dubost V. et al.: Stops walking when talking: a predictor of falls in older adults? Eur J Neurol 2009; 16: 786-795