CBD (Cannabidiol) ist ein Inhaltsstoff der Hanfpflanze (Cannabis sativa) aus der Gruppe der Cannabinoide. CBD soll gegen Entzündungen und entzündlich bedingte Schmerzen wirken. Wir haben Dr. Manfred Fankhauser um seine Einschätzungen und Erfahrungen gebeten. Seine Apotheke in Langnau BE versorgt überwiegend Schmerzpatienten mit CBD- und/oder THC-haltigen Cannabispräparaten.
Rheumaliga Schweiz: CBD und THC, was sind die Unterschiede?
Dr. pharm. Manfred Fankhauser: CBD und THC stehen einander chemisch sehr nahe. Sie stimmen in Zahl und Art der Elemente Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff überein, nur dass sie diese anders zusammengebaut haben und sich als Wirkstoffe unterschiedlich verhalten. CBD hat im Unterschied zu THC keine berauschende Wirkung. Das CBD dämpft sogar die Rauschwirkung des THC. Ein weiterer Unterschied: THC ist viel besser erforscht als CBD.
Kann man CBD bei Rheuma empfehlen?
Ja, wobei man einschränken muss, dass die Stärke des CBD nicht primär in der Schmerzbekämpfung liegt. Das ist mehr die Domäne des THC, dessen schmerzlindernde Effekte gut belegt sind, vor allem bei Multipler Sklerose. Das CBD hingegen fällt eher als ein potenter Entzündungshemmer auf.
Empfehlen Sie also gezielt CBD bei entzündlichem Rheuma?
Nein. Das entzündungshemmende CBD wirkt besser mit dem schmerzbekämpfenden THC zusammen. Darauf deuten unzählige Ergebnisse der Cannabisforschung, Beobachtungsstudien und Erfahrungen, die wir von behandelnden Ärzten oder direkt von Patientinnen und Patienten erhalten. Deswegen würde ich bei einer Arthritis ein Öl oder eine Tinktur mit beiden Cannabinoiden empfehlen, CBD und THC.
Und bei anderen Formen von Rheuma?
Auch bei Arthrose, Weichteilrheumatismus, chronischen Rückenschmerzen und Osteoporose bewähren sich die Schmerzlinderung des THC und die Entzündungshemmung des CBD zusammen.
Und bei Fibromyalgie?
Unsere Apotheke hat in den vergangenen elf Jahren schon ungefähr 100 Fibromyalgie-Patienten mit CBD- und TCH-haltigen Cannabispräparaten versorgt und oftmals positive Rückmeldungen erhalten.
Wie erklären Sie sich den Hype um CBD?
Der mag verschiedene Gründe haben. Es drängen viele Anbieter auf den Markt, die ihre CBD-Produkte verkaufen wollen. Sie haben ein Interesse daran, dem CBD das Image eines Wundermittels für möglichst viele Erkrankungen zu geben. Das ist CBD auf keinen Fall.
Raten Sie also davon ab, CBD anzuwenden?
Gar nicht! Es gibt viele gute frei verkäufliche CBD-Produkte aus Pflanzenauszügen. Sie enthalten nicht nur das CBD, sondern das ganze natürliche Spektrum von Cannabinoiden und weiteren, noch wenig erforschten Substanzen der Hanfpflanze.
Aber es gibt auch schwarze Schafe. In Stichproben hat man schon Pestizidrückstände gefunden. Weil frei verkäufliche CBD-Produkte keine zugelassenen Arzneimittel sind, fehlen auch Empfehlungen zur Dosierung. Auch auf die Mengenangabe (zum Beispiel 5% CBD, 10% CBD oder mehr) kann man sich nicht immer verlassen. Es fehlt eine Qualitätskontrolle.
Was halten Sie von reinen CBD-Therapien?
Je nach Indikation oder wenn der behandelnde Arzt partout kein THC verschreiben will, ist eine Therapie mit reinem CBD eine Option. Unsere Apotheke hat reine CBD-Öle im Angebot, diese sind rezeptpflichtige Monopräparate ohne THC. Sie enthalten zwischen 2,5% und 20% CBD.
Auf der anderen Seite steht in der Schweiz mit Dronabinol seit über 11 Jahren ein Monopräparat mit reinem THC zur Verfügung, ohne CBD.
Aus medizinischer Sicht ist es aber, wie gesagt, bei gewissen Erkrankungen sinnvoller, die in der Hanfpflanze zusammen vorkommenden Cannabinoide auch zusammen einzunehmen, entweder in Form von Fertigpräparaten oder als Magistralrezepturen, hergestellt von einer Apotheke.
Wie steht es um die Nebenwirkungen?
CBD ist sehr nebenwirkungsarm. Es kann ohne Bedenken über einen langen Zeitraum hinweg eingenommen werden. Allfällige Nebenwirkungen wie Durchfall oder zeitweilig veränderte Leberwerte sind praktisch immer auf eine Überdosierung zurückzuführen.
Auch das THC hat wenig Nebenwirkungen. Man muss schon hoch dosieren, damit ein THC-haltiges Cannabispräparat eine Rauschwirkung entfalten kann.
Wie kommt man zu medizinischem CBD und THC?
Ich bin froh für alle Betroffenen, dass das Betäubungsmittelgesetz per 1. August 2022 geändert wurde. Es braucht nun keine Bewilligung mehr für Cannabis zu medizinischen Zwecken.
Allerdings gelten THC-haltige Medikamente weiterhin als Betäubungsmittel. Der Arzt muss sie verschreiben und eine sogenannte Begleiterhebung durchführen. Die erhobenen Daten sind dem BAG zu übermitteln.
Für die reinen CBD-Präparate ändert sich nichts; für sie ist weiterhin nur ein normales Rezept notwendig.
Was zahlt die Krankenkasse?
Kein Arzneimittel mit CBD und/oder THC ist kassenpflichtig. Weder die Grundversicherung noch Zusatzversicherungen müssen die Medikamentenkosten übernehmen.
Aber es lohnt sich, mit der Krankenkasse Kontakt aufzunehmen und um eine Kostengutsprache nachzufragen. Unter Umständen ist eine Cannabis-Therapie günstiger als eine herkömmliche medikamentöse Therapie. Zunehmend übernehmen die Kassen die Kosten für medizinischen Cannabis, die sich auf monatlich 400 bis 600 Franken belaufen.
Wie soll man vorgehen, wenn der behandelnde Arzt keine Cannabismedizin verschreiben will?
Unsere Apotheke erhält täglich Anrufe von Ärzten. Wir informieren und beraten. Ärzten, die skeptisch sind oder keine Erfahrung haben, helfen wir, einen Kollegen zu suchen, an den ein Patient überwiesen werden kann. Gegenüber Patientinnen und Patienten dürfen und wollen wir keine Ärzte empfehlen und ermutigen auch niemandem zum Arztwechsel.
Datum des Interviews: 19. Februar 2019
Aktualisierung: 1. August 2022
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