Sommer, Sonne, Sonnenschein – ab geht es in die Ferien. Nicht ganz. Für Rheumabetroffene kann das Reisen eine grosse Belastung sein. Wie gehe ich mit meinen Medikamenten um? Was, wenn ich im Flugzeug von Schmerzen geplagt bin? Unsere Bloggerin und Botschafterin Silvia Jauch erzählt persönlich und nah, wie es ihr in ihrem Strandurlaub erging.
Mein Reisefieber und ich
War das mein Ernst? Ich habe tatsächlich vor ein paar Wochen ein Flugticket gekauft, um in die Wüste zu fliegen. Ich habe es meiner Familie erzählt, meiner Chefin und meinen Followern. War das gerade die dümmste Idee, die ich auch noch in 20 Jahren bereuen würde?
In gerade mal vier Stunden würde ein Taxi in der Dunkelheit auf mich warten und mich ins Ungewisse fahren. Ich lag mit einem etwas schnellen Puls hellwach in meinem Bett und die Geisterstunde war schon längst vorbei – oder meine eigene startete wohl gerade erst. Ich hatte nämlich richtig Angst bekommen und dachte nur noch darüber nach, warum ich diese Idee zu Beginn hatte toll finden können.
Sprung ins kalte Nass
Mein Plan hörte sich zuerst auch ganz gut an: Kaufe ein Ticket, packe deine sieben Sachen und erlebe ein Abenteuer mit dir allein. Aber genau hier liegt der Hacken. Bin ich denn wirklich komplett allein unterwegs? Für mich fühlte es sich in dieser Nacht nicht mehr ganz so an, denn mir wurde bewusst, dass ich zusammen mit meinem Rheuma reisen würde und niemand sonst an meiner Seite hatte.
Das Rheuma ist in diesem Fall kein gewünschter Begleiter, der mir Sicherheit schenken konnte. Im Gegenteil. Mein Rheuma nahm mir gerade meine Abenteuerlust und wandelte sie in eine riesige Nervosität um. In meinem Kopf ratterte es nur noch. Hatte ich an alle Medikamente gedacht? Würde die Kühlmethode funktionieren? Was, wenn mein Koffer verloren ginge? Und was, wenn ich wie letztes Mal während den Ferien mit einem Schub zurechtkommen musste?
Ich fühlte etwas, von dem ich dachte, dass mein Rheuma es stibitzt hätte: Das Gefühl, unabhängig und frei zu sein.
Silvia Jauch, Bloggerin und Botschafterin der Rheumaliga Schweiz
Aber zum Glück konnte ich nun von meiner Lebenserfahrung profitieren, die mir mitteilte, dass man sich nachts oft grössere Sorgen macht als es sein müsste und ich mich super vorbereitet hatte. Mein Medikamentenschein war in doppelter Ausführung sicher in meiner Medikamententasche verstaut. Die unkomplizierten Medikamente hatte ich auf jedes Gepäckstück aufgeteilt. Falls etwas nicht funktionieren sollte, hatte ich zwei liebe Freunde, die in jeden Schritt meiner Reise eingeweiht waren und im Notfall sofort helfen würden. Mein Arzt wusste auch Bescheid. Falls ich krank werden würde, gab es ein Spital in der Nähe meines Ferienortes. Die Ferien waren genauestens durchgeplant: Es ging vom Flughafen zum Hotel und eine Woche später wieder zurück. Ich hatte an alles gedacht und daran hielt ich mich fest.
Ich wachte am nächsten Morgen auf und hörte die Wellen rauschen. Ich war angekommen und war auf einen Schlag sehr stolz auf mich. Klar, der Flug war eine mühsame Angelegenheit dank meinem unbeliebten Begleiter und nach ein paar Stunden in der Luft fühlte ich mich steif, aber ich hatte es geschafft. Ich war hier.
Ich sah meinen Koffer halb ausgepackt im Korridor liegen und wusste, dass ich loslassen konnte. Das tat ich sogleich, aber überhaupt nicht so wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich lief nämlich nicht mit einem guten Buch unter dem Arm zum Strand und genoss dort die Ruhe auf einem Liegestuhl. Ganz im Gegenteil: Ich liess alle meine perfekten Pläne in einer Minute sausen, organisierte mir einen Fahrer und fuhr ein paar Stunden durch die Wüste, an einen Ort, der in meinen Plänen nicht vorgekommen war.
Es war meine erste Reise ganz allein mit Rheuma im Gepäck.
Silvia Jauch
Unabhängig und frei
Am nächsten Morgen hörte ich wieder die Wellen rauschen und ich fühlte etwas, von dem ich dachte, dass mein Rheuma es stibitzt hätte: Das Gefühl, unabhängig und frei zu sein.
Mir wurde auf dieser Reise etwas bewusst: Ja, mein Rheuma setzt mir manchmal enge Grenzen und das zu akzeptieren, fällt mir schwer. Aber egal wie gross die Herausforderungen sind, ich kann mich immer auf mich verlassen, auch ohne hundert Pläne im Gepäck. Ich lief hinunter zum Strand und ich konnte nicht aufhören, zu lachen. Diesen Moment trage ich wie einen kleinen Schatz jeden Tag bei mir und er macht mir so viel Mut, Neues zu entdecken.
Unser Rheuma macht unser Leben alles andere als einfach, indem es uns ständig ungebeten begleitet. Aber was wir nie vergessen dürfen: Das letzte Wort gehört uns und das lassen wir uns auch nicht nehmen! 😊
Planung ist die halbe Reise
Sind Sie reisefreudig, aber wegen entzündlichem Rheuma in ärztlicher Behandlung? Dann gehen Sie unsere Checkliste durch, ehe Sie in die Ferne schweifen.
- Ich informiere mich über die Klima- und Wetterbedingungen, die mich am Ziel meiner Reise erwarten. Ich meide nasskalte Gegenden und reise nur im Frühling oder im Herbst ans Mittelmeer: in ein warmes und trockenes Klima.
- Ich meide starke Hitze und die pralle Sonne. Intensive Sonneneinstrahlung kann Rheuma-Symptome verstärken. Zudem machen viele Medikamente die Haut lichtempfindlich und erhöhen deshalb das Risiko von Sonnenbränden und Hautkrebs.
- Ich bespreche meine Reisepläne mit meinem Hausarzt oder meiner Hausärztin oder meinem Rheumatologen oder Rheumatologin. Fliege ich in die Tropen, lasse ich mich von Reisemediziner*innen oder im Tropeninstitut beraten.
- Ich gebe einer Person in der Heimat alle Unterlagen der Reise (mitsamt Pass-, Versicherungskopien und Medikamentenliste). Die Nummer der Person speichere ich als Notfallkontakt im Handy oder auf einem Zettel. Falls es zu einem Diebstahl oder Notfall kommen sollte, kann diese Person schnell unterstützen.
- Ich stelle meine Reiseapotheke sorgfältig zusammen. Wenn ich unsicher bin, bespreche ich mit einer medizinischen Fachperson, welche Medikamente ich in welchen Mengen einpacken soll.
- Ich stelle sicher, dass meine Krankenversicherung im Falle eines schweren Schubes einen Rücktransport in die Schweiz abdeckt (Rückholversicherung).
- Ich schliesse eine Reiseannullationsversicherung ab für den Fall, dass ich die Reise wegen eines Schubes kurzfristig absagen muss.
Medikamente im Reisegepäck
- Ich nehme alle meine üblichen Medikamente mit auf die Reise. Die medikamentöse Therapie macht keine Ferien.
- Ich habe genug Medikamente dabei für den Fall, dass Streiks oder Staus die Reisepläne über den Haufen werfen.
- Ich transportiere empfindliche Medikamente in einer speziellen Reisekühltasche. Das gilt besonders für Biologika. Diese Arzneimittel müssen bei Temperaturen zwischen 2 und 8 °C gelagert werden. Ohne Unterbrechung der Kühlkette.
Spezielle Tipps für Flugreisen
- Ich transportiere meine Medikamente im Handgepäck. Zum einen, weil der Koffer verloren gehen kann. Zum andern kann die Temperatur im Laderaum des Flugzeugs unter den Gefrierpunkt fallen. Dies würde die Wirkung empfindlicher Medikamente reduzieren oder zunichte machen.
- Ich informiere die Fluggesellschaft vorab, wenn ich Spritzen oder Pens im Handgepäck mitführe, und habe eine ärztliche Bescheinigung dabei, die bestätigt, dass ich die Injektionsutensilien aus medizinischen Gründen benötige.
- Ich informiere mich über Einfuhrbeschränkungen von Arzneimitteln, die im Reiseland dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen. Allenfalls bitte ich meinen Arzt um eine Bescheinigung, dass ich die Medikamente medizinisch benötige.
- Vor einem Flug nach Amerika oder in den Fernen Osten kläre ich, wie ich die Einnahme oder die Injektion meiner Medikamente an die Zeitverschiebung anpasse.
Wir wünschen Ihnen eine gute Reise und dass auch Sie, wie Silvia Jauch, mit einem Lächeln zurückkehren!